Rede von Kreisrat Christian Throm vor dem Kreistag am 14. November 2016 (Es gilt das gesprochene Wort.):

Sehr geehrter Herr Landrat, werte Kolleginnen und Kollegen,

„nächstes Jahr wird alles besser“, so hörten wir es 2015 sinngemäß von verschiedenen Seiten, bezogen auf den Kreishaushalt. Wenn wir uns aber den Etatentwurf 2017 ansehen, finden wir diese Voraussage nicht bestätigt.

Wieder sollen die Personalkosten um fast 9 Prozent steigen. Wenn wir innerhalb von acht Jahren die Ausgaben für das Personal verdoppeln wollen, dann müssen wir genauso weitermachen!

Beim sächlichen Betriebs- und Verwaltungsaufwand liegt die Steigerung sogar bei unglaublichen 116 Prozent.

Das alles hängt entscheidend mit der Flüchtlingsversorgung zusammen. 77,2 Millionen Euro sind dafür im Kreishaushalt vorgesehen, die Kosten für die unbegleiteten Minderjährigen (UMA) nicht einberechnet. Noch wissen wir nicht, was die nachlaufende Spitzabrechnung des Landes für 2016 ergeben wird, zumal hier teilweise nur mündliche Zusagen vorliegen, da müssen wir noch viel größere Unwägbarkeiten für das kommende Jahr einkalkulieren. Das Land verhält sich hier skandalös, und dies sprechen wir deutlich aus, weil wir unsere Aufgabe als Volksvertreter nicht darin sehen, der Regierung den Rücken freizuhalten. Mit vorauseilendem Gehorsam erzeugt man jedenfalls keinen Handlungsdruck beim Land. Um zunächst ein sichtbares Zeichen zu setzen, stellen wir den Antrag, einen Haushaltsvorbehalt zu formulieren für Aufwendungen im Fremdauftrag, deren Finanzierung durch den Auftraggeber nicht gesichert ist.

Die sauberste Lösung wäre gewesen, wenn der Bund einen „Flüchtlingssoli“ eingeführt hätte. Das hätte dem Konnexitätsprinzip („Wer bestellt, zahlt!“) entsprochen. Aber dafür fehlte der politische Mut. Stattdessen sucht man die Kosten durch teilweise Verlagerung auf Länder, Kreise und Gemeinden zu verschleiern. Dass man eine Jahrhundertaufgabe – und darum handelt es sich bei der Bewältigung einer Völkerwanderung – gewissermaßen aus der Portokasse bezahlen könne, wollte man uns schon einmal weismachen. Damals ging es um die Wiedervereinigung mit einem durch vierzig Jahre Sozialismus völlig zugrunde gerichteten Landesteil.

Doch nun zu einer weiteren Zahl, die mit den 77,2 Millionen scheinbar gar nichts zu tun hat: 2,97 Millionen Euro für den Kreisstraßenbau – ein Rückgang um fast ein Viertel gegenüber 2016. Und das angesichts von Kreisstraßen, die einem Flickwerk gleichen, die übersät sind mit Schlaglöchern und Rissen. Jeder Laie weiß doch, dass Straßenschäden je früher, desto besser beseitigt werden sollten, um die Kosten möglichst gering zu halten. „Natürlich“, so hört man seitens der Verwaltung, „könnte man auch mehr verbauen, aber die Haushaltslage lässt das eben nicht zu.“ Sollten also die 77,2 und die 2,97 Millionen doch etwas miteinander zu tun haben?

Wir stehen zu den rechtlichen Verpflichtungen des Kreises bei der Versorgung der Zuwanderer, und wir bekennen uns auch zur humanitären Verantwortung. Wenn wir aber auch nur einen Euro bei den Ausgaben für Asylbewerber in Frage stellen, rühren wir aus der Sicht der Kreistagsfraktionen bereits an ein Tabu, selbst wenn es sich um freiwillige Leistungen des Kreises handelt, bei denen die Aussicht auf Erstattung seitens des Landes von vornherein gleich null ist.

Wir verlangen jedoch eine zusätzliche Million für die Kreisstraßen, um wenigstens den Stand der letzten beiden Jahre in etwa zu erreichen. Denn es kann doch nicht angehen, dass die Bürger Steuern in Rekordhöhe entrichten und gleichzeitig erleben müssen, dass alle staatlichen Ebenen, auch die kommunalen, ihren Kernaufgaben immer weniger gerecht werden.

Zur Gegenfinanzierung fordern wir eine globale Minderaufwendung um eine Million Euro bei den Personalkosten. Eine zeitliche Streckung bei den Neueinstellungen im Flüchtlingsbereich – geeignetes Personal dürfte ohnehin kaum zur Verfügung stehen -, verbunden mit der Ausnutzung der Fluktuation, muss diese Einsparung um lediglich gut ein Prozent möglich machen.

Öffentliche Haushalte werden bekanntlich nicht in schlechten, sondern in guten Jahren ruiniert. Das keynesianische deficit spending in Zeiten der Rezession erfreut sich großer Beliebtheit. Aber die andere Seite der Medaille ist die Schuldentilgung bei guter Konjunktur. Wann, wenn nicht jetzt, wollen wir dies in Angriff nehmen? Es muss zu diesem Zweck eine weitere Million eingespart werden, und zwar beim sächlichen Betriebs- und Verwaltungsaufwand. Auch hier reden wir über einen Anteil von unter zwei Prozent. Natürlich darf dies nicht auf Kosten der Sicherheit gehen. Dies ergibt sich aus dem Interesse der Bevölkerung ebenso wie aus den unserer Kenntnis nach erheblichen, v. a. ethnisch-kulturellen Konflikten unter den Flüchtlingen. Aber andere Leistungen, bei denen die Erstattung durch das Land ausgeschlossen oder zumindest fraglich ist, sollten kritisch überprüft werden.

Darüber hinaus könnte man mit ganz einfachen Maßnahmen Schulden abbauen, zum Beispiel über 300.000,– Euro durch die Streichung der Ausgaben für das Projekt Klimaschutz plus im Ergebnishaushalt. Hier handelt es sich nicht um Investitionen, sondern um Symbolpolitik mit teuren Broschüren, wodurch sich der CO2-Ausstoß sogar erhöht – man könnte auch von heißer Luft sprechen.

Das Thema Rems-Murr-Kliniken darf in keiner Haushaltsrede fehlen. Dafür, dass das Kreiskrankenhaus Winnenden die Ausmaße eines Universitätsklinikums hat und dass bei diesem Projekt nicht alles wie erwünscht – denn um nichts anderes handelte es sich hier als um Wunschdenken – eingetroffen ist, sind nun wirklich nicht wir verantwortlich, und wir können auch nichts ungeschehen machen. Unsere Verantwortung als 2014 neu gewählte Kreisräte gebietet es aber, im Interesse der Bevölkerung den steinigen Weg der Sanierung und des Ausgleichs von Millionendefiziten mitzugehen und wenn möglich zu beschleunigen.

Die Kreisumlage konnte erfreulicherweise gesenkt werden, bleibt aber vergleichsweise hoch. Wer sie weiter senken will, muss die Gegenfinanzierung klären. Dafür sehen wir im Augenblick keinen Spielraum.

Unter dem Strich ist der Kreishaushalt 2017 in seiner gegenwärtigen Form für uns nicht zustimmungsfähig. Unsere maßvollen Anträge zeigen aber unsere Kompromissbereitschaft. In diesem Sinne sind wir bereit, mit der Verwaltung und allen Kreisräten an der weiteren Konsolidierung des Kreishaushalts mitzuwirken.