Rede von Kreisrat Christian Throm zum Haushaltsentwurf 2019 am 20.11.2018 (es gilt das gesprochene Wort):

Sehr geehrter Herr Landrat, werte Kolleginnen und Kollegen,

zunächst möchte ich an dieser Stelle dem Herrn Landrat und dem Herrn Kreiskämmerer meinen Dank aussprechen für ihren wertschätzenden Umgang mit uns. Auch als Zählgemeinschaft mit lediglich vier Kreisräten konnten wir uns im Zuge der Besprechungen im Vorfeld der heutigen Sitzung ernst genommen fühlen.

Unsere Tätigkeit hier im Kreistag haben wir nie im Sinne einer Fundamentalopposition verstanden, und dies würde auch nicht unserem Auftrag entsprechen. Daher konnten wir dem Haushaltsentwurf 2018 trotz Bedenken zustimmen.

Was nun den Entwurf für 2019 anbelangt, so können wir immerhin erfreut feststellen, dass die Verwaltung einen Vorschlag gemacht hat, die Kreisumlage auf ein für Kreis und Gemeinden faires Niveau zu senken, was wir uneingeschränkt unterstützen.

Im Übrigen ist aber unser Eindruck, das implizite Motto dieses Etatentwurfs könnte lauten: „Klotzen – nicht kleckern“.

Das betrifft eine ganze Reihe von Punkten:

An erster Stelle ist die gewaltige Bautätigkeit zu nennen.

Bekanntlich müssen wir noch immer die Folgen eines großen Immobilienprojekts bewältigen: den Bau des Kreiskrankenhauses in Winnenden. Zwar ist das Defizit der Rems-Murr-Kliniken gesunken, doch liegt der Zuschussbedarf im Jahre 2019 bei voraussichtlich mehr als 18 Millionen Euro. Unsere Position hat sich nicht verändert: Solange das durch den Kreis auszugleichende Defizit bei mehr als zehn Millionen liegt, und solange das Land die Kosten der Flüchtlingsunterbringung nicht in vollem Umfang übernimmt – im nächsten Jahr gelten immer noch mehr als sechs Millionen als nicht erstattungsfähig – lehnen wir die Realisierung des Immobilienkonzepts, das wir grundsätzlich befürworten, ab. Wir haben nun den Antrag gestellt, wenigstens die Planung für die Überbauung des Parkhauses am Alten Postplatz zurückzustellen. Kostenpunkt: 3 Millionen Euro.

Im Weiteren ist vorgesehen, dass die Kreisbau die letzte Rate eines Darlehens – eine Million Euro – zur Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge im Rahmen der Anschlussunterbringung erhält. Damit ausgestattet könnte sich die Kreisbau Kredite in weit höherem Umfang beschaffen. Muss das sein? Die Anschlussunterbringung ist unzweifelhaft eine Aufgabe der Gemeinden. Hierdurch entstehen aber dem Rems-Murr-Kreis Verbindlichkeiten in erheblichem Umfang, die dazu beitragen, dass im nächsten Jahr die Schulden der Kreisbau um 36 Millionen oder 28 Prozent wachsen – Schulden, für welche gegebenenfalls der Kreis haften müsste. Das ungebremste Wachstum der Bilanzsumme der Kreisbau muss daher dringend begrenzt werden. Mit dieser Intention haben wir unseren diesbezüglichen Antrag gestellt.

Ähnlich verhält es sich mit dem Bau von Sozialwohnungen. Auch dies ist keine originäre Aufgabe eines Landkreises und wird deshalb auch von den wenigsten Kreisen übernommen. Wir plädieren daher für Zurückhaltung in diesem Bereich. Mit noch so großen Anstrengungen werden wir hier die Folgen politischer Entscheidungen auf höheren Ebenen – v. a. Migration und Nullzinspolitik – bei weitem nicht ausgleichen können.

Freilich, den Verbindlichkeiten stehen Werte gegenüber. Aber wie steht es um die Wertbeständigkeit von Flüchtlingsunterkünften? Und wer kann heute garantieren, dass die durch die verfehlte Geldpolitik der EZB verursachte Blase im Immobiliensektor nicht eines Tages platzt? Niemand sollte daher die Haftungsrisiken des Kreises kleinreden.

Die Bauwirtschaft einschließlich der Bauplanung ist derzeit mehr als ausgelastet. Eine Ausweitung öffentlicher Aufträge in dieser Situation treibt die Preise zusätzlich in die Höhe. Und dazu soll der Rems-Murr-Kreis seinen Beitrag leisten?

Alle Prognosen gehen für das Jahr 2019 noch von einem auskömmlichen Wirtschaftswachstum in Deutschland aus. In einer solchen Wirtschaftslage ist Zurückhaltung bei den öffentlichen Investitionen geboten, nicht deren Ausweitung.

Die zuletzt erfreuliche Entwicklung im Kernhaushalt kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Gesamtschuldenstand unter Einbezug der kreiseigenen Gesellschaften kräftig wächst – nach vorsichtiger Schätzung um nicht weniger als 16 Prozent binnen Jahresfrist, und selbst im besten Falle um immer noch 13 Prozent. Eine drastische Ausweitung der öffentlichen Verschuldung in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen und ausgelastetem Produktionspotenzial! Deficit spending gehört aber, wenn überhaupt, dann in die Konjunkturphase der Rezession.

Auch die Personalkosten weisen wieder nach oben. Mehr als 100 Stellen wurden in den letzten Jahren v. a. im Sozialbereich geschaffen. Deren teilweiser Abbau, besonders im Asylbereich, wird aber übertroffen durch Stellenschaffungen in anderen Bereichen. Im Saldo bekommen wir 2019 fast acht Vollzeitäquivalente mehr. Mehr als 600.000 Euro im Jahr werden dafür fällig. Dass eine Behörde ein Eigeninteresse daran hat zu wachsen, liegt auf der Hand. Der Kreistag hätte aber den Stellenplan nicht einfach durchwinken dürfen. Wir verlangen nun, dass die entsprechenden Kosten an anderer Stelle eingespart werden. Bei einem Personaletat von 78 Millionen ist das nicht zu viel verlangt.

Zum Klimaschutzhandlungsprogramm kann ich mich kurz fassen, da hierzu ein eigener Tagesordnungspunkt folgt. Nur so viel: Die oberste Maxime scheint zu sein, möglichst hohe Fördersummen zu kassieren. Doch irgendjemand muss dafür aufkommen – in diesem Falle die Stromkunden. Im Übrigen wollte man niemandem zu nahe treten und hat auch unsinnige, aber teure Forderungen aufgenommen. Dafür ist uns das Geld der Steuerzahler zu schade.

Was unter dem Schlagwort Klimaschutz erscheint, wird hier alles einfach abgenickt. Dazu zählt auch die Anschaffung einer ganzen Fahrzeugflotte. Diese wird schöngerechnet, obwohl jeder weiß, dass Dienstreisen mit Privatfahrzeugen allemal günstiger sind.

Wir haben nicht zu all den Punkten, bei denen wir schon im laufenden Jahr auf verlorenem Posten standen, Anträge eingereicht, sondern uns auf einige zentrale Punkte beschränkt, die wir unbedingt noch einmal zur Sprache und damit in die Öffentlichkeit bringen wollen.

Uns ist sehr wohl bewusst, dassniemand hier unsere Bedenken teilt, niemand ein wirkliches Problem damit hat,im höchstverschuldeten Landkreis Baden-Württembergs zu leben. Wenn wir aber mitden Bürgern da draußen reden, nehmen wir viel Zustimmung wahr. Und so gehen wirzuversichtlich ins Jahr 2019, in der Gewissheit, dass hierbei den nächsten Haushaltsberatungen derSprecher einer Fraktion unsere Positionvertreten wird.